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Förderung Paul Stappenbeck

Entwicklung eines e-Trikes für Rollstuhlfahrer

Über das Projekt

Paul Stappenbeck

Paul Stappenbeck ist 27 Jahre alt und wohnt mit seiner Freundin in Berlin. Er stürzte im Alter von 16 Jahren in Thailand mit dem Fahrrad auf regennasser Fahrbahn in einer Kurve und prallte gegen die Leitplanke. Dabei brach er sich den 5. und 6. Brustwirbelkörper. Er ist seit dem Unfall querschnittgelähmt und sitzt in einem Aktivrollstuhl.

Sein Vorhaben

Um seine Mobilität im urbanen Raum von Berlin und auf dem weitläufigen Universitätsgelände zu erhöhen, aber auch in der Freizeit flexibler mobil zu sein, hat er eine Firma gesucht, die ihm ein „elektrisch betriebenes Moped für Rollstuhlfahrer“ konstruiert. Die Firmen RiPower und Mücke Carbon unterstützten Herrn Stappenbeck in der Umsetzung. Die ADAC Stiftung förderte das Vorhaben finanziell.

Das e-Trike

Die bereits auf dem Markt existierenden Modelle kamen für Paul aufgrund der Endgeschwindkeit und des Designs nicht in Frage. Paul war es wichtig, ein wendiges Fahrzeug für den Stadtverkehr mit einer hohen Reichweite zu entwerfen. Die Grundeigenschaft, das Befahren der Fahrzeugkabine mitsamt dem Rollstuhl, ohne das lästige Umsetzen, grenzte die Auswahl auf ein einziges Fahrzeug ein: Dem Pendel der Firma HUKA aus den Niederlanden. Basierend auf diesem Ausgangsmodell konzipierte Paul mit der Firma RiPower und Mücke-Carbon zusammen das Konzeptfahrzeug.

Im Rahmen dieses Umbaus wurden folgende Änderungen vorgenommen:

  • Austausch der Blei-Akkus gegen zwei Lithium-Ionen-Hochleistungsakkus, produziert in Deutschland
  • Kalibrierung eines neuen Batteriemanagements, sowie neuem Batteriemonitor
  • Installation eines neuen, leistungsstärkeren Controllers für die Motorsteuerung
  • Kompletter Neubau der Karosserie
  • neue Frontscheinwerfer, neue LED Blinkern, neue LED Rückleuchten und neue Rückspiegeln der Firma Highsider™
  • Lackierung der Felgen, sowie Austausch der Bereifung
  • außerdem zwei 5-Volt-USB Ladeschnittstellen, Handyhalterung, neues Ladegerät usw.

Durch diese Umrüstung konnten sie knapp 25kg Gewicht einsparen, hauptsächlich durch den Verbau der neueren Akkus. Diese schlankere Linie kommt auch der neuen maximalen Reichweite von 100km zugute.

Das Ziel: „Inklusion durch Mobilität“

Langfristig gesehen möchte Paul das erschaffende Konzeptfahrzeug dafür nutzen, um auf das Thema Mobilität im Rollstuhl aufmerksam zu machen und dafür zu sensibilisieren. Ferner wünscht er sich, an den gewonnenen Erfahrungen im Bereich des Fahrzeugbaus anzuknüpfen und ein Trike-Kleinkraftrad (125ccm oder 11 kW) zu entwerfen. Damit wären dann auch Strecken auf Autobahnen und Landstraßen ohne Probleme denkbar.

Paul Stappenbeck möchte Inklusion im Rahmen der Mobilität neu definieren und aufbauend auf dem Konzeptfahrzeug ein entsprechendes e-Trike-Motorrad bauen, welches sowohl von Fußgängern als auch Rollstuhlfahrern gleichermaßen genutzt werden kann. Das Fahrzeug soll nicht nur innerstädtisch zum Einsatz kommen, sondern auch für Autobahnen zugelassen sein.

Interview mit Paul Stappenbeck

ADAC Stiftung: Wie ging es dir nach dem Unfall? Wie hat dein Umfeld darauf reagiert?

Paul Stappenbeck: Zum Zeitpunkt des Unfalls war ich leidenschaftlicher Segler, viel draußen und auf dem Wasser unterwegs. Durch die Segler-Community hatte ich einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, der mich größtenteils mit offenen Armen wieder empfing und mitsamt dem Rollstuhl dort weitermachte, wo ich als Fußgänger aufhörte.

ADAC Stiftung: Du beschäftigst dich nun schon ein paar Jahre mit dem Thema Mobilität. Was hat dich angetrieben, dich damit auseinanderzusetzen?

Paul Stappenbeck: Ja genau. Seit 2017 beschäftige ich mich mit dem zunehmenden Drang mobiler, selbstständiger und vor allen Dingen „cooler“ unterwegs sein zu können. Als Rollstuhlfahrer_in hat man leider fast immer die Eigenschaft, bei seinem Gegenüber ungewollt Mitleid zu erregen. Diese Reaktion wird man in Gänze vermutlich so schnell nicht verhindern können, jedoch ist es mein innerer Antrieb zu erreichen, dass man nicht im Vorfeld schon als „der Behinderte“ oder „der Arme“ abgestempelt wird. Ein Weg dorthin könnte, neben dem eigenen Auftreten, die Form der Fortbewegung sein – genauer, die Wahl des Fahrzeuges sein.

ADAC Stiftung: Du möchtest also sowohl eine selbstbestimmte, moderne Mobilität erleben und dabei zugleich nicht auf deinen Rollstuhl „reduziert“ werden?

Paul Stappenbeck: Nun, es ist doch ein grundlegendes Bedürfnis eines Jeden von uns, sich selbstbestimmt fortbewegen zu können. Auch ich möchte diese Freiheit keineswegs aufgeben müssen, nur weil ich in einem Rollstuhl sitze.

Der innere Drang, sich so frei wie auf einem Motorrad fühlen zu können, gab mir in Kombination mit meinem Rollstuhl den Anlass, mich mehr mit diesem Thema auseinander zu setzen. Schnell wurde mir bewusst, dass zwar Gefährte existieren, welche die Eigenschaft besitzen Personen mit einem Rollstuhl aufzunehmen, jedoch fehlte mir ein modernes Design, Vielfalt und zeitgemäße Antriebstechnologie.

ADAC Stiftung: An diesen Punkten hast du angesetzt und basierend auf dem Ausgangsmodell Pendel der Firma HUKA gemeinsam mit den Firmen RiPower und Mücke-Carbon das Konzeptfahrzeug entwickelt. Was genau zeichnet dein entwickeltes Fahrzeug aus?

Paul Stappenbeck: Es ist wesentlich leichter, da wir die Blei-Akkus gegen zwei Lithium-Ionen-Hochleistungsakkus ausgetauscht haben, damit ist auch die Reichweite höher. Wir haben ein neues Batteriemanagement, sowie einen neuen Batteriemonitor kalibriert und einen neuen, leistungsstärkeren Controller für die Motorsteuerung installiert. Die Karosserie wurde komplett neu gebaut. Für ein moderneres Design haben wir neue Frontscheinwerfer, neue LED Blinker, neue LED Rückleuchten und neue Rückspiegeln der Firma Highsider™ angebracht sowie die Felgen lackiert und die Bereifung ausgetauscht. Wir haben auch die Gebrauchstauglichkeit verbessert und modernisiert indem wir zum Beispiel zwei 5 Volt USB Ladeschnittstellen, eine Handyhalterung, und ein neues Ladegerät angebracht haben. Wir haben ein nachhaltiges, umweltfreundliches Fahrzeug in modernem Design entwickelt. Hier stehen wir nun. Ein Konzeptfahrzeug reicher und auch ein bisschen mit Stolz erfüllt.

ADAC Stiftung: Und wir finden, dass du zurecht stolz auf deine Leistung sein kannst. Und wir sind auch ein bisschen stolz, dass wir dich auf diesem Weg unterstützen konnten. Was genau möchtest du mit deinem Konzeptfahrzeug bewirken?

Paul Stappenbeck: Ich möchte in erster Linie mit diesem Konzeptfahrzeug aufwecken und für das Thema „Mobilität im Rollstuhl“ sensibilisieren. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass durchaus auch Personen mit einem Handicap die Chance und Freiheit haben sollten, sich stilvoll, elektrisch und im Gesamten einfach ansprechend fortbewegen zu können. Und ich möchte das Ganze mit dem Aspekt verknüpfen, ein Fahrzeug zu bauen, bei dem man nicht mehr unterscheiden muss, ob man ein Gesunder oder ein Mensch mit einer Behinderung ist.

ADAC Stiftung: Du nutzt das Fahrzeug und bist damit in und rund um Berlin unterwegs. Aber du bist noch nicht an deinem eigentlichen Ziel angekommen, oder Paul? Was hast du noch vor?

Paul Stappenbeck: Ja, richtig. Ich genieße meine neu gewonnene selbstbestimmte Mobilität. Ich habe aber eine weitergehende Vision: Zusammengefasst möchte ich ein dreirädriges Motorrad bauen, welches man über eine sich öffnende Heckklappe betreten/befahren kann. Ferner soll dieses Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 120 km/h vollelektrisch erreichen können. Es soll in die Klasse der 125ccm Leichtkraftfahrzeuge fallen, wäre damit steuerbefreit und mit einer kleinen Nachprüfung für jeden Autoführerscheinbesitzer nutzbar. Es soll in seinem Grundaufbau für Fußgänger UND Rollstuhlfahrer nutzbar sein, OHNE dass man teure Umbauten bezahlen oder nachrüsten müsste. Gelöst werden soll dies durch im Boden oder/und Frontbereich der Kabine verankerte Arretierungspunkte, an welchen man entweder einen Sitz oder eben den Rollstuhl fixieren können soll.

Paul Stappenbeck: Ich finde es ist an der Zeit Mauern im Kopf einzureißen und die uns heute zur Verfügung stehende Technologie für uns zu nutzen. Aber eben nicht nur für eine bestimmte Gruppe von Menschen (sei es Fußgänger oder Rollstuhlfahrer), sondern eben für ALLE gleichermaßen.

Ich würde mir wünschen, dass ich mit meinem Prototypen jemanden dort draußen anspreche, der mich versteht und dessen Weiterentwicklung unterstützen könnte. Ich als Einzelperson habe alles in meiner Machtstehende getan. Nun bin ich auf Partner angewiesen, mit denen ich gemeinsam Mobilität neu definieren, entwerfen und bauen kann.“